Das Ukraine-Stipendium
Warum die Textbox für die Dauer des Ukraine-Krieges einen ukrainischen Jazzer mit einem Stipendium unterstützt.
Oleg M. hat in den 2010er-Jahren in Graz Schlagzeug und Komposition studiert und an der Kunstuniversität KUG als Schüler von Howard Curtis seinen Masterabschluss gemacht. Wir haben Oleg kennengelernt, als wir einen Schlagzeuglehrer für unseren Sohn suchten. Oleg ist regelmäßig zu uns nach Hause gekommen und hat dem Junior mit Augenmaß und Motivationsgabe neue Grooves und Trommel-Techniken beigebracht. Wir haben ihn als unglaublich netten, feinfühligen Menschen schätzen gelernt, der frei von Künstler-Attitüden ist. Er hat uns bald von seiner Frau und seinem kleinen Sohn in Kiew erzählt.
Sehr gerne hätte Oleg die Familie nach Graz geholt, aber für einen freien Musiker wie ihn, der Geld mit Gigs und Studioterminen verdient, war eine österreichische Aufenthaltserlaubnis nach Studienabschluss in weiter Ferne. Er lud uns immer wieder zu Konzerten ein, wenn er in Graz auftrat. Dabei konnten wir feststellen, dass er in heimischen Jazzkreisen einen guten Ruf genoss. Und wir bekamen auch mit, dass er nicht nur ein Top-Schlagzeuger ist, sondern auch als Komponist vielschichtiger Jazz-Nummern in Erscheinung trat. Leider Gottes gilt das den Behörden des Landes, das einen Gutteil seiner touristischen Einnahmen seinen Komponisten verdankt, gar nichts. Oleg ging Ende 2019 zurück nach Kiew, zu seiner Familie. Den Schlagzeugunterreicht erteilte er noch einige Monate online, bis unser Junior leider das Interesse am Instrument verlor.
Dann stand der rabenschwarze 24. Februar 2022 am Kalender.
Luftalarme und Raketeneinschläge gehören seither zum Alltag in Kiew. Dazu kommen seit Herbst 2022 Strom- und Heizungsabschaltung und immer wieder die Unterbrechung der Wasserzufuhr, weil die Russen systematisch die zivile Infrastruktur der Ukraine angreifen. Oleg musste bisher nicht an die Front. Aber er darf als Mann im wehrfähigen Alter das Land nicht verlassen. Schon von Beginn des Krieges an gab es von einem auf den anderen Tag keine Auftrittsmöglichkeiten mehr für Musiker wie ihn. Denn Musik und Kunst kommen in einem Krieg immer unter die Räder, wenn sie nicht der Propaganda dienen. Oleg meldete sich daher bei seinen Grazer Freunden und Bekannten und bat um Hilfe.
Im Frühjahr 2022 bemühte ich mich, Unterstützung für Oleg zu organisieren. Ich rief zwei Jazzveranstalter an, von denen ich wusste, dass sie OIeg kannten und schätzten. Aber der eine – ein alter Herr – lag schwerkrank im Krankenhaus, der andere war selbst knapp bei Kasse. Ich schrieb die Kunstuniversität an, die auf ihrer Website über die Unterstützung ihrer ukrainischen Studenten berichtete. Leider hat die KUG kein entsprechendes Programm für Alumni aufgelegt. Also entschloss ich mich, selbst in die Tasche zu greifen und als Einzelunternehmer mit einem Naheverhältnis zu Kunst und Kultur ein privates Stipendium für Oleg zu finanzieren. Es deckt einen Gutteil der monatlichen Lebenshaltungskosten in der Ukraine ab und soll ihm ermöglichen, an seiner Musik zu arbeiten. Denn Musik ist, wie jede Kunst, essenziell, um uns an unsere Menschlichkeit zu erinnern. Gerade in Zeiten eines Krieges in naher Ferne.
Wollen auch Sie helfen, Künstler in der Ukraine zu unterstützen, dann setzen Sie sich mit mir in Verbindung. Gemeinsam können wir mehr bewegen.