KI steigert die Produktivität

Künstliche Intelligenz (KI) erzeugt Texte und Bilder nach Vorgaben und ist schon jetzt im Alltag als Helferlein zur Stelle, z. B. mit personalisierten Tipps in Onlineshops. Wir haben mit dem Grazer KI-Experten Prof. Roman Kern über Risiken und Chancen der Künstlichen Intelligenz gesprochen.

Ich habe ChatGPT gefragt, welche Fragen ich einem KI-Experten stellen könnte. Aus den zehn Vorschlägen habe ich sechs ausgewählt. Die erste Frage: Seit wann gibt es Künstliche Intelligenz?

Der Begriff Artificial Intelligence (AI – dt. künstliche Intelligenz) stammt aus den 1950ern. Die Technologie wurde in mehreren Phasen entwickelt. Die Basis für moderne AIs wie ChatGPT sind Large Language Models. Damit lassen sich Computersysteme unter Nutzung von sehr großen Textmengen darauf trainieren, auf Basis von Wahrscheinlichkeitsmodellen Strukturen von Sprachen zu erkennen. Auch bei Bildern funktioniert es ähnlich. Diese Generative AIs haben viele Bilder gesehen und dadurch gelernt, wie Bilder prinzipiell generiert werden.

Welche KI-Anwendungen könnten unser tägliches Leben am meisten beeinflussen?

ChatGPT und andere AIs ermöglichen uns z. B. eine neue Art der Internetsuche. Wenn wir googeln, müssen wir präzise wissen, was wir eigentlich suchen. Mit intelligenten Chatbots eröffnen sich neue Möglichkeiten für eine offene, interaktive Recherche. Außerdem kann man mit diesen Systemen Texte produzieren, E-Mails formulieren etc. – das hat schon großes Potenzial.

Welche Auswirkungen hat Künstliche Intelligenz auf den Arbeitsmarkt?

Wir sind gewöhnt, dass manuelle Arbeit durch Automatisierung bedroht ist. Jetzt schaut es so aus, als wären Bürotätigkeiten bedroht. Das ist ein komplett neues Kapitel. Jobs wie das Programmieren könnten von der AI betroffen sein, denn sie macht gute Vorschläge, erkennt Fehler im Programmcode, ist schnell und effizient – und steigert dadurch die Produktivität. Für eine Firma könnte es bedeuten, dass sie statt 100 Programmierern in Zukunft nur noch 90 beschäftigt, und den Rest erledigt die AI.
Aber man muss auch einschränken: Die AI hat noch immer viele Probleme, dazu gehört das sogenannte Halluzinieren – aktuelle AIs geben oft Unsinn von sich. ChatGPT etwa produziert Antworten, die wahrscheinlich sind, es kann aber nicht beurteilen, ob die Antworten auch plausibel sind. Man darf sich nicht blind darauf verlassen.

Welche Branchen könnten am meisten von KI profitieren?

Überall dort, wo in Bürojobs Routinetätigkeiten anfallen, können Unternehmen von AI profitieren. Aber auch in der Produktion und im Design von Produkten wird heute schon Machine Learning verwendet. Es ermöglicht schnellere Berechnungen, z. B. in der Biochemie, wo man versucht, Proteininteraktionen zu finden, um neue Medikamente zu entwickeln.
Wenn man AI in einem Unternehmen einsetzt, ist es aus meiner Sicht wichtig, dass man immer auch fragt: Was bedeutet es für die Menschen, die damit interagieren? Es geht ums Vertrauen – darum, dass wir wissen, wo die Stärken und Schwächen dieses Tools liegen. Beim Hammer wissen wir: Er eignet sich für eine Schraube weniger, für einen Nagel besser. Bei den modernen AI-Tools müssen wir als Gesellschaft den gleichen Lernprozess durchlaufen.

Wie können wir sicherstellen, dass KI-Systeme vertrauenswürdig sind?

Dies Thema wird derzeit im Europäischen Parlament behandelt. Es gibt einen ersten Gesetzesentwurf, der AI-Anwendungen in unterschiedliche Risikoklassen einteilt. Wenn eine Anwendung mit geringem Risiko verbunden ist, wird es keine Einschränkungen geben. Am anderen Ende des Spektrums, z. B. bei der Steuerung von Kernkraftwerken, will man grundsätzlich keine AIs einsetzen. Und dazwischen gibt es viele Bereiche, die mit einem gewissen Risiko verbunden sind. Da will man vertrauenswürdige AIs einsetzen, die bestimmte Eigenschaften erfüllen müssen, z. B. keine Personengruppen diskriminieren oder garantieren, dass personalisierte Daten geschützt sind.

Welche zukünftigen Entwicklungen in der KI sind besonders vielversprechend?

Bei aller berechtigten Kritik, die es gibt, und bei allen Diskussionen, die noch nötig sein werden, bin ich optimistisch: Durch AI kann es zur Produktivitätssteigerung kommen. Die bestehende AI wird auf jeden Fall besser werden, weil man besser versteht, wie man sie trainieren muss, und weil wir immer größere und sauberere Datenmengen haben. Es ist anzunehmen, dass der Trend so weitergeht. AI-Anwendungen wird es in vielen Produkten geben. Dadurch wird sich das Leben Stück für Stück verändern.

Ass.-Prof. Dr. Roman Kern 
ist Professor am Institut für Interaktive Systeme und Datenwissenschaften der TU Graz und wissenschaftlicher Leiter der auf Datenanwendungen spezialisierten Know-Center GmbH in Graz. Zu seinen Schwerpunkten zählen vertrauenswürdige KI, Sprachverarbeitung, Maschinenlernen und kausale Datenwissenschaften.

Künstliche Intelligenz (KI)
ist ein Sammelbegriff für Computersysteme und -anwendungen, die komplexe Aufgaben eigenständig erledigen können. Das Spektrum reicht von Mustererkennung (z. B. Gesichtserkennung beim Fotografieren) und maschinellem Lernen in der Industrie über Assistenzsysteme in Fahrzeugen bis hin zu Chatbots auf Websites. Dank neuer Berechnungsmodelle können aktuelle KIs wie ChatGPT & Co. auf Basis von statistischen Wahrscheinlichkeiten und sehr großen Datenmengen selbstständig Texte, Bilder, Codes etc. generieren, die von menschlichen Erzeugnissen oft nicht zu unterscheiden sind.


Das Interview mit Roman Kern erschien in Heft 09/2023 der MA News, der Mitarbeiterzeitung von Kastner & Öhler und Gigasport.

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